Spenden
20 Oktober 2022

Ulli Elixmann: „Ich bin froh, dass die jüngere Generation ein engeres Verhältnis zur Natur und zu einem gesunden Lebensstil hat!“

Ulli Elixmann

 Ulli Elixmann (61) ist von Beruf Gärtner und sein Leben lang mit den Händen tätig. Die ersten Parkinson-Symptome bemerkte er 2006 bei der Arbeit, als er gerade Rosen schnitt. „Plötzlich merkte ich, dass meine Hand nicht mehr richtig funktionierte. Zunächst wurde orthopädisch untersucht, ob etwas nicht in Ordnung war, und ich erhielt Krankengymnastik. Doch meine Hand wurde einfach nicht besser. Mein Neurologe überwies mich schließlich in die Uniklinik nach Hamburg-Eppendorf.“ Radiologische Untersuchungen dort zeigten Ablagerungen im Gehirn, und die Diagnose Parkinson stand fest.

Den Kopf nicht in den Sand stecken

„Meine Frau war gerade im Garten, als ich nach Hause kam und ihr von der Diagnose erzählte. Natürlich war sie sehr geschockt, aber ich tröstete sie: ‚Weißt du was? Die gute Nachricht ist, dass man an Parkinson nicht stirbt!‘ Wenn ich die Diagnose Krebs oder Gehirntumor bekommen hätte, wäre dies viel schlimmer für mich gewesen. Der Schock war natürlich groß, aber ich habe sofort mit offenen Karten gespielt. Familie, Freunde, Bekannte – ich habe alle sofort informiert. Das finde ich nach wie vor enorm wichtig: In all den Jahren habe ich viele Menschen kennengelernt, die mit ihrer Parkinson-Erkrankung hinterm Berg halten. Ich bin der Meinung, dass man nicht den Kopf in den Sand stecken sollte, sondern so früh wie möglich zum Arzt gehen, wenn man Symptome bekommt. Je eher man etwas gegen Parkinson unternimmt, desto länger lassen sich die Beeinträchtigungen hinauszögern. Das sagt auch mein Neurologe immer zu mir.“

Mit Bewegung gegen Symptome

Viele Menschen meinen, dass man Ulli seine Krankheit nicht ansehe, weil seine Symptome vergleichsweise mild sind. „Aber wenn Sie mich heute Morgen gesehen hätten, als ich zur Ergotherapie gegangen bin, hätten Sie sicher anders darüber gedacht“, lacht Ulli. Die beste Medizin gegen Parkinson bleibt für ihn Bewegung. „Ich bin ein sehr aktiver Mensch und auch heute noch von morgens früh bis abends spät auf den Beinen. Meine Frau verdreht ab und zu schon die Augen, wenn ich wieder mal vom Sofa aufspringe oder wir im Garten sind.“ Jetzt im Sommer setzen sich die beiden jeden Abend aufs Fahrrad, und demnächst ist eine einwöchige Fahrradtour durchs Alte Land geplant. „Ich habe einen rechtsbetonten Parkinson, und über die Jahre hat sich mein Gangbild ein wenig verändert. Mein Arm arbeitet ein bisschen zu viel und die Muskulatur ist sehr stark beeinträchtigt. Darum gehe ich zweimal wöchentlich zur Physiotherapie und zur Ergotherapie. Außerdem – Sie werden lachen – mache ich gemeinsam mit vier Frauen zweimal die Woche BIG-Gymnastik bei uns zu Hause. Das ist eine spezielle Art von Bewegungstherapie, die speziell für Parkinson-Betroffene entwickelt wurde. Zum ersten Mal in Kontakt hiermit kam ich während meines Aufenthalts in der Reha in Bad Berleburg. Seitdem kenne ich die Übungen und schaue mir nur ab und zu zur Auffrischung ein Video an.“

Suche nach Ursachen

Da Parkinson in der Familie von Ulli bisher nicht vorkam, machte er sich Gedanken, woher seine Krankheit kommen könnte. Als auch Johannes H., ein Berufskollege, an Parkinson erkrankt, wird er hellhörig und beginnt zu recherchieren. „Wir hatten ursprünglich im selben Betrieb gelernt und viel mit bestimmten Spritzmitteln gearbeitet. Später bin ich dann in den öffentlichen Dienst gewechselt, wo ich auch als Gärtner tätig war. Dort haben wir unter anderem Gift für die Rattenbekämpfung angemischt. Da ich im Internet einige Einzelfallentscheidungen gefunden hatte, in denen Parkinson als Berufskrankheit anerkannt worden war, war für mich mein Auftrag klar: Ich führte diverse Gespräche, und irgendwann fragte mich eine Betriebsärztin, ob ich im Rechtsschutz wäre und ob ich nicht bei der Berufsgenossenschaft eine Klage einreichen wollte. Das habe ich dann auch getan. Leider wurde meine Klage abgewiesen, aber ich habe Berufung eingelegt. Ich habe das Glück, dass ich eine ganz gute Rente bekomme, aber das ist leider nicht bei allen Betroffenen der Fall, viele sind wirklich arm dran.“

Ein Beitrag des WDR im Herbst 2021 bringt Bewegung in das Thema und es melden sich immer mehr betroffene Landwirte und Gärtner bei Ulli. Sie alle wollen mehr Bewusstsein für den Umgang mit krankmachenden Pestiziden schaffen: „In manchen Ländern sind leider noch immer Spritzmittel auf dem Markt, die erwiesenermaßen gesundheitsschädlich sind. In Indien oder Afrika werden außerdem keinerlei Schutzmaßnahmen ergriffen, und die Menschen laufen barfuß auf dem Acker herum. Wir können nur hoffen, dass sich noch mehr Betroffene melden und wir so erreichen können, dass sich etwas ändert. Die Zahlen der Parkinson-Erkrankungen bei Landwirten und Gärtnern steigen in den letzten Jahren drastisch.“

Zurück zur Natur

Ulli Elixmann betreibt den Garten seines Einfamilienhauses rein biologisch, denn neben Bewegung sind für ihn eine gesunde Ernährung und ein naturverbundener Lebensstil beim Umgang mit der Parkinson-Erkrankung enorm wichtig. Zusätzlich ist er seit einigen Jahren als Umweltschutzbeauftragter der Gemeinde Hagen a.T.W. aktiv. „Was mich sehr freut, ist, dass die Jugend heutzutage ein viel bewussteres Verhältnis zur Natur hat und vorsichtiger mit Lebensmitteln umgeht. Mein Sohn zum Beispiel lebt in Berlin und hat einen Palettengarten. Er baut Hochbeete, in denen er sein eigenes Gemüse anbaut. Meine Tochter lebt noch bei uns im Haus und arbeitet aktiv im Garten mit.“ Nicht nur in seiner Freizeit, sondern auch als Umweltbeauftragter setzt Ulli enorm viel in Bewegung: Neben einem ökologischen Naherholungsgebiet für Bürger der Stadt Hagen, das auf seine Anregung hin errichtet wurde, baut er mit Schulkindern Insektenhotels, pflanzt ganz nebenbei 2.000 Narzissen („Das hebt die Stimmung!“) und engagiert sich für den bewussteren Umgang mit Verpackungen. Wenn danach noch Zeit bleibt und er Lust hat, widmet er sich seinen Hobbys Motorradfahren oder Bildhauen. „Manchmal beschäftigt mich nachts schon einiges zu viel, aber wenn ich geistig oder körperlich aktiv bin, geht es mir wirklich am besten. Die Hoffnung stirbt zuletzt!“

Weitere Informationen zur BIG-Gymnastik finden Sie hier: https://www.parkinson-beelitz.de/parkinson-infos/lsvt-big.html

 

Diesen Artikel teilen