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30 September 2015

Interview mit Frau Dr. med. Andrea Maier, Universität Aachen

Dr. med. Andrea Maier: der Humanmedizin im Modellstudiengang Medizin an der Uniklinik RWTH Aachen. Assistenzärztin an der Neurologischen Klinik unter Leitung von Univ. Prof. Schulz. Mitarbeit im Autonomen Funktionslabor. Mitgründerin und Ambulanzleistung der ANS-Ambulanz (Diagnostik und Therapie von Störungen des autonomen Nervensystems). Prüferin in der RBD Studie zur "Identifikation präsymptomatischer Marker der Parkinson Erkrankung bei Patienten mit REM-Schlaf Verhaltensstörung" unter Leitung von Frau Jun. Prof. Kathrin Reetz. Leiterin der PaKogOH- Studie.

 

1.     Bitte beschreiben Sie uns Ihr Parkinson-Forschungsprojekt ‚PaKogOH‘ näher.

Im Verlauf der Krankheit leiden etwa die Hälfte der Betroffenen unter Kreislaufstörungen, die oft nicht erkannt werden. Außerdem treten Störungen der Gedächtnisfunktion in mehr oder weniger starkem Ausmaß auf. Bereits durchgeführte Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen Kreislaufstörungen wie der orthostatischer Hypotonie (Schwindel beim Lagewechsel vom Liegen zum Stehen) und Gedächtnisstörungen bei Parkinson-Patienten.  

Im Rahmen der Studie wird der Effekt einer gezielten kreislaufstärkenden Physiotherapie auf Parkinson-Patienten mit orthostatischer Hypotonie in Bezug auf das Zusammenspiel von Kreislauffunktion und Gedächtnisleistung überprüft. PaKogOH steht für Parkinson Kognition und Orthostatische Hypotonie. Die Therapie soll den Abbau der Gedächtnisleistungen verzögern oder die Gedächtnisfunktion sogar positiv beeinflussen und den Betroffenen so durch einfache Maßnahmen helfen und dadurch die Lebensqualität verbessern. Künftig sollte dann auch der Diagnostik einer Kreislaufstörung ein größeres Interesse zukommen und diese frühzeitig therapiert werden können.

Die Studie wurde unter interdisziplinärer Zusammenarbeit der Kliniken für Neurologie, Physiotherapie und des neuropsychologischen Institutes am Universitätsklinikum Aachen entwickelt. Im Studien-Zeitraum von 10 Monaten erhalten die Teilnehmer neben regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen, Untersuchungen des Kreislaufs und der Gedächtnisfunktionen nach Randomisierung in zwei Gruppen gezielte Physiotherapie. Die Therapieeffekte werden mittels der genannten Untersuchungen geprüft. Insgesamt sollen 30 Patienten in die Studie eingeschlossen werden. Voraussetzung ist eine ausreichende Mobilität, um die ambulante Physiotherapie wahrnehmen zu können.

2.     Welchem Aspekt von Parkinson wollen Sie auf den Grund gehen?

Dem Zusammenhang zwischen Blutdruckregulation, Hirndurchblutung und Störungen der Gedächtnisleistung.

3.     Warum ist gerade dieser Aspekt der Parkinson-Krankheit so relevant?

Sollte sich herausstellen, dass Aufmerksamkeits- und Gedächtnisdefizite bei orthostatischer Hypotonie unmittelbare Folge einer veränderten Hirndurchblutung ist, wäre davon auszugehen, dass die Behandlung der Kreislaufstörung auch zu einer Verbesserung der Gedächtnisfunktion führen müsste. Dieser Aspekt der Parkinson-Erkrankung ist besonders relevant, da die Kreislaufstörungen leider häufig unerkannt und unbehandelt bleiben.

4.     Was erhoffen Sie mit Ihrer Studie für die Patienten zu erreichen?

Ich hoffe natürlich, dass wir Therapieeffekte auf Kreislauf, Allgemeinbefinden, Lebensqualität und Gedächtnis nachweisen können und in der Folge vielen Betroffenen eine wissenschaftlich belegte, gezielte Therapie der Kreislaufstörung anbieten können. Auch die Sensibilisierung behandelnder Kollegen, Betroffener und Angehöriger für Kreislaufstörungen bei Parkinson ist mir wichtig. Leider werden die Störungen häufig nicht angesprochen, bemerkt und adäquat behandelt, obwohl Patienten durch einfache Maßnahmen wie dem Tragen von Kompressionsstrumpfhosen, Erhöhung der Trinkmenge, Schlafen mit hochgelagertem Oberkörper, Anpassung der Blutdruckmedikation und ggfs. Erhöhung der Salzzufuhr bereits geholfen werden kann. Zudem wäre ein langfristiges Ziel, Physiotherapeuten zu schulen, um neben mobilen Patienten auch weniger mobile Patienten zu Hause oder am Heimatort behandeln zu können.

5.     Haben Sie Ratschläge für Parkinson-Patienten und deren Angehörige?

Ich rate jedem Betroffenen und Angehörigen, mit dem Arzt auch über alle Kreislaufstörungen zu sprechen. Behandelnde Ärzte sollten gezielt nach diesen Beschwerden fragen, hilfreich sind dabei auch das sogenannte "Non motor symptome questionnaire" und die "Winkler-Skala", die der Patient mit seinen Angehörigen ausfüllen kann. Bereits am Patientenbett und in der Praxis ist eine einfache Kreislaufuntersuchung mittels Stehtest möglich, um Kreislaufstörungen zu detektieren, weitere Diagnostik einzuleiten und eine gezielte Therapie zu beginnen.

 

Dr. med. Andrea Maier: So wichtig ist die Unterstützung des ParkinsonFonds Deutschland und seiner Spender

 

„Forschung und deren Unterstützung durch Spender wie die des ParkinsonFonds Deutschland ist sehr wichtig, denn nur durch engagierte Forscher können die Krankheitsmechanismen, Ursachen und Therapien von Krankheiten erkannt und Betroffenen geholfen werden. Gerade im Bereich der neurodegenerativen Erkrankungen wie der Parkinson-Krankheit ist die Forschung noch am Anfang. Zwar existieren mit den medikamentösen Therapien und der Tiefen-Hirnstimulation schon gute Therapiemöglichkeiten, jedoch bestehen noch keine belegten Möglichkeiten der Prävention oder sogar Heilung. Hierzu bedarf es weiterhin intensiver Forschung. Nur durch finanzielle Unterstützung können zahlreiche Forschungsprojekte, die einen hohen materiellen und personellen Aufwand erfordern, unterstützt werden.

Auch ist die Zusammenarbeit mit dem ParkinsonFonds ist sehr gut und unkompliziert. Bereits vor Beginn der Studie fand ein erstes Treffen statt, in dem wir unser Konzept vorstellen und den ParkinsonFonds von der Idee überzeugen konnten. Durch dessen finanzielle Förderung ist es uns möglich, jeden interessierten und geeigneten Patienten in die Studie einzuschließen, viele Patienten zu screenen und darüber hinaus auch eine Aufwandsentschädigung für Parkkosten (das Parken an der Uniklinik ist kostenpflichtig) und Fahrtkosten zu zahlen.

Die Arbeit des ParkinsonFonds ist transparent gestaltet,sowohl für die Forscher als auch für die Spender. Der ParkinsonFonds Deutschland ermöglicht es Wissenschaftlern, Patienten-orientierte Forschung durchzuführen und dabei regelmäßig im Rahmen der Homepage und Newsletter zu informieren.“

 

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